Wie konsumiert Deutschland in der Post-Corona-Welt?
Die letzten Monate im Handel sind geprägt von bargeldlosem Bezahlen, Onlineshopping, Lieferengpässen und Maskenpflicht. Die Zukunftsstudie "New Normal" von QVC zeigt auf, wie das Einkaufsverhalten in Zukunft in Deutschland aussehen könnte.
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Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Zeitraffer für den gesellschaftlichen Wandel, der normalerweise Jahre gebraucht hätte, um Realität zu werden. Wenn die aktuelle Krise überwunden ist, wird unser soziales und ökonomisches Verhalten grundlegend verändert sein.
Wie verändert Corona unser Konsumverhalten?
Bereits 2016 und 2018 beschäftigte sich QVC mit der Zukunft. Die Studie „Handel 2036: Wie kauft Deutschland übermorgen ein?“ und die Weiterführung der Studie „Living 2038: Wie lebt Deutschland übermorgen?“ wagten langfristige Prognosen. Die aktuelle Zukunftsstudie „New Normal“ nimmt die bisher veröffentlichten Thesen als Basis für neue Erkenntnisse über ein Leben nach der Corona-Krise.
Insbesondere die Aussagen zur Veränderung des Konsumverhaltens stechen dabei ins Auge.
Leere Regale und bargeldloses Bezahlen
Nicht nur das Social Distancing, auch die Maskenpflicht hat das tägliche Einkaufsvergnügen deutlich getrübt. Man geht alleine in den Supermarkt, meidet volle Geschäfte, verlässt schnell den Shop und zahlt bargeldlos – so beschreibt es Bonsai Research im April 2020. Etwa die Hälfte aller Kartenzahlungen erfolgte in diesem Monat kontaktlos. Im Dezember 2019 waren es noch 36 Prozent.
Dieses Konsumentenverhalten wird nicht nur die Supermärkte nachhaltig verändern, sondern den gesamten physischen Handel. Dessen mangelnden Lieferkapazitäten setzten dem Wachstum in der Corona-Krise schnell enge Grenzen. Im Netz kursierten kurzzeitig Bilder von leeren Regalen – für viele Käufer die erste Erfahrung ihres Lebens mit einer Verknappung von Waren.
Onlineshops boomen, nicht nur in Deutschland
Der Versorgungskonsum wanderte schneller ins Internet als jemals zuvor und führte zu einem wahren Boom. Bis Mitte April verzeichneten Onlinehändler für Lebensmittel und Drogerieartikel einen Zuwachs von 110 beziehungsweise 170 Prozent. Rund 41 Prozent mehr bestellten die Deutschen im ersten Quartal 2020 über ihre mobile Endgeräte, insgesamt wurde 19 Prozent mehr online bestellt. 60 Prozent der Konsumenten haben laut einer Studie von RetailX in Großbritannien während der Corona-Krise das persönliche Einkaufen in stationären Läden reduziert. Etwa jeder Dritte kaufte online mehr Gemüse ein.
Wird Einkaufen noch mehr zum Erlebnis?
Nach der Krise wird sich der Handel neu definieren müssen: indem er soziale Nähe wieder attraktiv macht und Spaß beim Shopping organisiert. Es gilt, Gemeinsamkeiten zu finden, die Community zu unterhalten und Erlebnisse zu schaffen. Und zwar am besten live und in Echtzeit. Denn das kommt laut der QVC-Studie bei den deutschen Verbrauchern gut an. 41 Prozent der Frauen und jeder zweite Mann finden Social Shopping attraktiv: das gemeinsame Live-Erlebnis im Internet. Mit einem virtuellen Shopping-Scout einzukaufen, ohne selbst im Geschäft anwesend zu sein, können sich ebenso viele vorstellen.
Und wie könnte dieses online aussehen?
In Zusammenarbeit mit einem Düsseldorfer Start-up hat QVC bereits ein gleichnamiges Tool getestet, das erstmals eine Shopping-Beratung auf mobilen Geräten bietet, während die Kunden aus dem QVC-Sortiment einkaufen. Dazu gibt es die Möglichkeit, sich im Live-Chat auszutauschen. Neue Online-Angebote aus China zeigen, wohin die Entwicklung gehen wird. Bei ShopShops besuchen chinesische Szenescouts ausgesuchte Läden in New York, Los Angeles oder San Francisco. Ihre Besuche werden über Smartphones gestreamt. Die Fangemeinde in China ist live dabei und kann in Echtzeit kaufen – eine neue Form des Teleshoppings.
Die E-Commerce Plattform Pinduoduo wiederum kombiniert Gruppeneinkäufe und Gaming. Das Unternehmensmotto lautet: „Costco (US-Großhandelskette) trifft Disneyland“. Geshoppt wird in Teams, die sich über soziale Netzwerke finden und austauschen. Je höher die Bestellmenge, desto niedriger der Endpreis. Dazu gibt es Gutscheine, Gewinnspiele oder Geschenke.
Jeder zweite Deutsche könnte sich bereits jetzt laut der QVC-Umfrage vorstellen, zukünftig Geld zu sparen, indem er Online-Gruppenkäufe tätigt. Während des Lockdown boomte das Livestreaming – vom Textilhersteller bis zum Apfelbauern - und bewahrte so viele Unternehmer vor dem Aus.
Digitales Erlebnis vor Ort und online
Shops wie der Herrenausstatter Très Bien im schwedischen Malmö experimentieren dagegen mit dem virtuellen Schaufensterbummel über Zoom. Ein Verkäufer ist im Store live dabei und beantwortet Fragen. Es gehe dabei weniger um das Shoppingerlebnis an sich, sondern darum, in Verbindung mit der Community zu bleiben, sagen die Besitzer.
Storefront, ein Spezialist für Pop-up-Stores, entwickelt bereits im großen Stil Konzepte für virtuelle Luxus-Shops, in denen die Kunden direkt aus Showrooms ordern können – im 360 Grad Blickwinkel vom Smartphone aus oder mit einer VR-Brille. Augmented Reality könnte eine Lücke schließen, wenn wir Waren nicht mehr live anfassen und begutachten können.
Google testet – bisher nur in den USA und Großbritannien – in der Suche aktuell 3D-Abbildungen von Produkten. Der Nutzer kann das abgebildete Produkt drehen und heranzoomen oder es in der korrekten Größe auf die eigene Kommode projizieren. Die Beratung kann dann auch ein Bot übernehmen. „Wenn der Service gut ist, ist mir egal, ob dahinter ein Mensch oder ein Computer steht“, sagen laut der aktuellen QVC-Umfrage 59 Prozent der Deutschen – und damit elf Prozent mehr als noch vor zwei Jahren.
Ob in der virtuellen oder physischen Welt des Shoppings – die soziale Dimension des Kaufens wird neues Gewicht bekommen.
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