Bärengras ist eine Leibspeise der Bären
Bärengras gehört zum Alltag im Blumengeschäft, doch welche Pflanze steckt eigentlich dahinter? Jedenfalls kein Gras. Der Name Bärengras rührt daher, dass es eine Leibspeise der Bären ist. Volker Debus hat in der Zeitschrift "Gartenpraxis" Nr. 6-2018 die Flora des Waterton-Glacier International Peace Park beschrieben, der von Montana/USA bis nach Kanada reicht. Eine Pflanze der dortigen Bergwälder ist das Bärengras aus der Familie der Germergewächse (Melanthiaceae).
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Immer wieder finden sich in diesen Bergwäldern offene Bereiche, die durch Waldbrände, Lawinenabgänge oder durch dünne Humusauflage bedingt keinen Baumwuchs zeigen. Dort, wo der Boden dann noch einen besonders guten Wasserabzug aufweist, findet man Xerophyllum tenax, eine beeindruckende und bei uns kaum bekannte Pflanze. X. tenax ist eine immergrüne langlebige Staude mit langen faserigen Blättern und einem attraktiven, aus vielen weißen Einzelblüten bestehenden, traubigen Blütenstand. Dieser riecht etwas unvorteilhaft und lockt so vermehrt Fliegen und Käfer an, die an dem überreichen Pollenangebot interessiert sind. Die Pflanze ist ein obligater Fremdbestäuber. Sie braucht am Wildstandort und in Kultur viele Jahre, um zum ersten Male ihren bis zu 120 cm langen Blütenstand zu entwickeln. Auch die erwachsenen Pflanzen erfreuen nicht jedes Jahr mit einem überreichen Blütenschmuck, sondern benötigen drei bis zehn Jahre, bis sie wieder in der Lage sind, erneut Blüten zu produzieren. Ihre fleischige Blattbasis ist ein beliebtes Futter für die Bären, besonders wenn sie ausgehungert nach der Winterruhe schnell leicht zugängliche und kalorienreiche Nahrung benötigen. Daher rührt auch der volkstümliche Name Bärengras. Wo die Pflanze vorkommt, spielt Bärengras auch eine wichtige Rolle in der Feuerökologie. Ihre Wurzelstöcke überleben meist die Buschbrände. Sie ist somit oft die erste Pflanze, die wieder aus der verbrannten Erde sprießt.
Bärengras ist auch eine kulturell und ökonomisch wichtige Pflanze im nordwestlichen Nordamerika. Indianische Korbflechter schätzten die Blätter für die Herstellung von wasserdichten Körben. Das Abbrennen von Bärengras-Flächen wurde traditionell praktiziert, um die biegsamen und weniger pigmentierten Blätter, die fürs Korbflechten bevorzugt werden, zu produzieren. Bei den Indianern stand Bärengras auch auf dem Speiseplan: Die dicken Rhizome wurden mehrere Tage lang geröstet und dann gegessen.
Im letzten Jahrhundert hatte es einen gewissen ökonomischen Stellenwert erlangt, da seine Blätter in der Floristik zunehmend Verwendung fanden. Besonders in Asien und Europa schätzte man die Blätter für die Herstellung von Trockenblumengestecken und für andere Dekorationszwecke. Dies führte dazu, dass in großem Stile illegale Ernten an den Naturstandorten vorgenommen wurden. Dies schädigte jedoch die Bestände nachhaltig, da bei der Ernte auch häufig die blühenden Triebe zerstört wurden, was die Verjüngung beeinträchtigte. Im Garten ist ein sandiger, grobschottriger, mit etwas Lehm versetzter Boden auf einem erhöhten Wuchsort essentiell für diese Pflanze, ansonsten faulen die empfindlichen Rhizome.
Dies ist ein Ausschnitt aus dem Artikel von Volker Debus aus "Gartenpraxis" Nr. 6/2018, S. 48, "Waterton-Glacier International Peace Park - Grenzüberschreitende alpine Pflanzenwelt"
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