"Furor floralis" im Textilmuseum St. Gallen/CH
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Der Weg führt vom mittelalterlichen Paradiesgarten über den streng gegliederten Renaissancegarten, die barocken Parterres de Broderie, zu den malerischen Landschaftsgärten und den Gärten des 20. Jahrhunderts. Zu sehen sind Stoffe aus den Beständen des Textilmuseums St. Gallen, historische Kostüme aus einer Schweizer Privatsammlung sowie Kleider zeitgenössischer Modedesigner wie Peter Pilotto und Mary Katrantzou. Gartenpläne und historische Bücher aus dem ASLA Archiv Schweizer Landschaftsarchitektur und aus anderen Archiven und Bibliotheken St. Gallens illustrieren die Entwicklung des Gartens vom Mittelalter bis in die Moderne. Die Ausstellung erfolgt in Kooperation mit dem ILF Institut für Landschaft und Freiraum, Fachbereich für Theorie und Geschichte der Landschaftsarchitektur, HSR Hochschule für Technik Rapperswil.
Floral gemusterte Stoffe, Gärtenpläne, historische Pflanzen- und Gartenbücher stehen einander in der Ausstellung gegenüber und zeigen, wie ähnlich sich die Konzepte teilweise sind: Im Barock zum Beispiel, wo der Mensch sich als Herrscher der Natur sieht, folgen Gartenanlagen und textile Muster deutlich sichtbar streng formalen Regeln. Um 1900 dominiert der Wunsch nach Natürlichkeit. Landschaftsarchitekten und Textildesigner erschaffen die gewünschte Version einer harmonischen, gefahrlosen und schönen Natur und verbergen die Struktur der Entwürfe hinter scheinbarem ‚Furor‘. Was vermeintlich wild und natürlich ausschaut, ist in Wahrheit strikte durchgeplant.
… vom Mittelalter bis in die Gegenwart
Die Ausstellung gliedert sich entlang einer zeitlichen Achse in sieben „Gärten“, die unter den Schlagworten Nutzen & Zierde, Forschung & Ornament, Pracht & Künstlichkeit, Natur & Romantik, Prunk & Fülle, Strenge & Aufbruch sowie Form & Linie stehen. Im Mittelpunkt jedes „Gartens“ steht ein für die entsprechende Zeit typisches Textilmuster, anhand dessen die Designerin Gestaltungsprinzipien auf Stoffen, die Landschaftsarchitektin dem jeweiligen Garten nachspürt. Ringsum gruppieren sich weitere Stoffe, Bücher und Gartenansichten, die Einblick in die Fülle und Variationsbreite innerhalb einer Epoche geben. Sie belegen aber auch das Fortdauern von Stilen in späterer Zeit: So fügt sich ein Kleid von Mariano Fortuny aus der Zeit um 1910 problemlos in die renaissancezeitliche Gruppe ein, zitiert doch der Stoff das für das 16. Jahrhundert typische „Granatapfelmotiv“. Arbeiten des österreichischen Textilentwerfers Josef Frank der 1930er-Jahre lassen sich aufgrund der Art, wie Pflanzen dargestellt werden, dem Mittelalter anschliessen. Ein Modell von Mary Katrantzou aus dem Jahr 2011 fügt sich in den barocken Garten. Aber auch in der Gartenbaukunst greift man historische Vorbilder auf: So entwirft der bekannte St. Galler Landschaftsarchitekt Hermann Wartmann 1907 den Park der Villa Wahnsinn im Stil des Barocks. Dieses zeitüberspannende Wandern zwischen Gärten und Textilien macht den besonderen Reiz dieser Ausstellung aus.
Weitere Informationen: www.textilmuseum.ch
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