Fachhandel kommt gut durch das Krisenjahr
Geopolitische Krisen, Inflation und Kaufzurückhaltung – 2023 war ein herausforderndes Jahr, dennoch lief es für den Fachhandel recht passabel. Das zeigt eine Analyse des Geschäftsverlaufs in elf Einzelhandelsgärtnereien im süddeutschen Raum.
von Norbert Elgner, Marketingberater Heppenheim erschienen am 06.02.2024Der folgende Jahresrückblick basiert auf Daten und Fakten, die aus monatlichen Erhebungen und Betriebsauswertungen des Autors resultieren. Dabei handelt es sich um rege, aktive Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich schon über viele Jahre, Monat für Monat an den Betriebsauswertungen beteiligen.
Der Jahresumsatz der Betriebe (Grabpflege ausgenommen) lag 2023 bei durchschnittlich 880.200 Euro. In 2022 betrug er 849.800 Euro. Damit ergibt sich ein Umsatz-Plus zum Vorjahr von durchschnittlich 3,5 Prozent. Statistisch betrachtet ergibt sich bei einer durchschnittlichen Inflationsquote für 2023 von 5,9 Prozent (nach Statistischem Bundesamt) ein preisbereinigtes Minus von 2,4 Prozent.
Hauptproblem der Betriebe ist der exorbitant steigende Kostendruck der Vorprodukte und der damit verbundene Spagat, unabdingbare Preisanpassungen kundenakzeptabel zu gestalten, ohne ein angemessenes Ergebnis unterm Strich aus den Augen zu verlieren.
Denn es gilt, auch in unserer Branche wichtige Zukunftsaufgaben zu bewältigen, ob in Bezug auf die Technisierung, Digitalisierung, Personalmangelbewältigung, Nachfrageentwicklung sowie Lösungen, die die Betriebsnachfolge betreffen.
Die Gesamtnote eines Monats ermöglicht eine schnelle Einordnung
Für jeden abgelaufenen Monat dient zur schnellen Einordnung seiner erbrachten Umsatzleistung die Kennzahl „Gesamtnote des Monats.“ Grundlage ist ein umsatzmäßiger Periodenvergleich über die letzten fünf Jahre, mittels eines Punktesystems. Schloss beispielsweise der aktuelle Auswertungsmonat in einem Betrieb mit dem besten Umsatzergebnis der letzten fünf Jahre ab, so werden dafür fünf Punkte vergeben. Für das zweitbeste Ergebnis vier Punkte, für ein „normales“ Umsatzniveau drei Punkte, für das zweitschwächste Ergebnis der letzten fünf Jahre zwei Punkte und für das schwächste Monatsergebnis erhält der Betrieb einen Punkt.
Die Gesamtnote für den Auswertungsmonat errechnet sich aus der Gesamtpunktzahl, die der Monat erreicht hat, dividiert durch die Anzahl der ausgewerteten Betriebe. Folglich handelt es sich nicht um eine gefühlte Benotung nach Meinungslage, sondern um das rechnerische Ergebnis aus realen Umsatzzahlen des Monatsvergleiches identischer Betriebe. So ist das Jahr 2023 im Einzelnen gelaufen:
Januar – Umsatzsteigerung zum Vorjahresmonat
Der Start ins neue Jahr verlief unaufgeregt. Nicht nur, weil es der schwächste Umsatzmonat des Jahres ist, sondern auch weil die Geschäfte keinen Anlass zum Klagen gaben. Insgesamt übertraf der Januar 2023 den Vorjahresmonat um 3,6 Prozent, zurückzuführen auf eine um 4,8 Prozent höhere Kundenfrequenz. Rund drei Viertel der Betriebe konnten ihren Umsatz zum Vorjahresmonat steigern. Durchaus ein erster Lichtblick vor dem Hintergrund der anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen.
Fazit Januar: Umsatzkategorie III, Umsatzanteil um 4 %, Gesamtnote 4,1
Februar – haudünnes Plus
Nach einem Jahr Ukrainekrieg, hoher Inflationsrate, knappem Haushaltsbudget bei Konsumenten, hellte sich trotz allem das Konsumklima dank mildem Winter und dem Krisenmanagement der Regierung, mit Deckelung der Energiepreise, zumindest nach GfK-Angaben etwas auf. Auch in Unternehmerkreisen wurde die Stimmungslage etwas freundlicher.
Faktisch präsentierte sich der Umsatzmonat fast auf gleichem Niveau wie 2022. Der durchschnittliche Kassenbon stieg marginal um 0,5 Prozent, ebenso die Kundenfrequenz, die ein hauchdünnes Plus von 0,7 Prozent aufwies. Auf der einen Seite erfreulich, dass Umsätze konstant gehalten werden konnten, auf der anderen Seite ein klares Indiz dafür, dass Kunden budgetmäßig nicht mehr investierten.
Fazit Februar: Umsatzkategorie III, Umsatzanteil um 5 %, Gesamtnote 3,8
März – zu kalt und zu nass
Als wenig frühlingshaft kam der erste wichtige Umsatzmonat des Jahres daher. Für florierende Geschäfte mit Frühlingsblühern war es zu kalt und zu nass. Und dennoch, am Ende fehlten zu März 2022 wetterbedingt nur 1,8 Prozent Umsatz. Der um nur 3,1 Prozent höhere Umsatz pro Kunden reichte nicht zur Kompensation der fehlenden Kundschaft aus.
Am Ende des ersten Quartals verzeichneten 54,5 Prozent der Betriebe einen höheren kumulierten Umsatz zum Referenzzeitraum 2022, durchweg im einstelligen Prozentbereich.
Fazit März: Umsatzkategorie II, Umsatzanteil um 9 % Gesamtnote 3,5

April – zweitschlechtestes Ergebnis der letzten fünf Jahre
Schon die Gesamtnote weist auf keinen besonders frühjahrsbelebenden Geschäftsverlauf hin. Über achtzig Prozent der Betriebe schlossen den Monat umsatzmäßig im Normalbereich oder mit dem zweitschlechtesten Ergebnis der letzten fünf Jahre ab. Es war einfach wiederum zu kalt und zu nass. Das B+B-Pflanzengeschäft, das normalerweise Ende des Monats schon für erste Umsätze sorgt, fiel völlig aus. So resultierte am Ende des Monats nur ein marginales 0,2-prozentiges Umsatzplus zu April 2022.
Fazit April: Umsatzkategorie I, Umsatzanteil um 12 %, Gesamtnote 2,9
Mai – die Lust auf Grün bricht sich Bahn
Obwohl sich an den schwierigen Rahmenbedingungen nichts zum Positiven geändert hat, übertraf der wichtigste Umsatzmonat die Erwartungen. Die Lust auf Grün bricht sich Bahn und die Mienen in Unternehmerkreisen hellten sich auf. Über neunzig Prozent der Betriebe verzeichneten ihren höchsten respektive zweithöchsten Umsatz der letzen fünf Jahre. Vor allem bei besonders B+B-lastigen Einzelhandelsgärtnereien brummte der Laden im Wonnemonat. Im Mittel übertrafen die Umsätze jene aus dem Vergleichsmonat 2022 um stolze 10,4 Prozent.
Fazit Mai: Umsatzkategorie I, Umsatzanteil um 18 %, Gesamtnote 4,1
Juni – starkes Umsatzplus
Läuft! So lässt sich salopp ausgedrückt die Geschäftslage im letzen Monat des ersten Halbjahres ausdrücken. Gegenüber dem Referenzmonat Juni 2022 ergab sich ein starkes Umsatzplus von 17,7 Prozent. Interessanterweise zurückzuführen auf 11,9 Prozent mehr Kunden, die aber nur um 1,5 Prozent mehr kauften, entweder mengen- oder preisbedingt, in der Auswertung allerdings nicht verifizierbar. Aber ein Zeichen dafür, dass sich der Kassenbon trotz Preisanpassungen nicht so einfach erhöhen lässt. Erfreulich ist am Ende des ersten Halbjahres, dass 90,9 Prozent der Betriebe ihren kumulierten Umsatz zu Referenzzeitraum 2022 übertreffen konnte, wenn auch nur im einstelligen Prozentbereich.
Fazit Juni: Umsatzkategorie II, Umsatzanteil um 9,0 %, Gesamtnote 3,7
Juli – starkes Umsatzplus
Zwar deutlich abgeschwächt von der Umsatzbedeutung her, aber vom in der Jahreszeit Machbaren aus betrachtet, zeigte sich der Juli in Bestverfassung. 72,8 Prozent der Betriebe erzielten ihren höchsten oder zweithöchsten Umsatz der letzten fünf Jahre. Das gute Juli-Ergebnis mit einem Umsatzplus von 15,2 Prozent ließ sich auf 7,1 Prozent mehr Kunden zurückführen, bei einem um 6,8 Prozent höheren Umsatz pro Kunde. Damit lagen nun alle Betriebe umsatzmäßig über Vorjahr.
Fazit Juli: Umsatzkategorie III, Umsatzanteil um 6 %, Gesamtnote 4,0
August – schwacher Umsatz
Eine feuchte und kühle Wetterlage bestimmten den Monat. Ob es daran lag, dass die bislang positive Umsatzentwicklung einen ersten Dämpfer erfuhr, sei dahingestellt. Fakt ist, dass kein Betrieb seinen höchsten Umsatz der letzten fünf Jahre erzielte. 45,5 Prozent dagegen ihren schwächsten oder zweitschwächsten. Absolut betrachtet schrumpfte der Umsatz zum Referenzmonat 2022 um immerhin 4,8 Prozent, resultierend aus 9,9 Prozent weniger Kunden, bei einem Anstieg des Kassenbons im Mittel um 3,4 Prozent.
Fazit August: Umsatzkategorie III, Umsatzanteil um 5 %, Gesamtnote 2,6
September – Umsatz hinter dem Vormonat
Der wärmste September ever. Konsumenten feierten die Sommerverlängerung. Von Lust auf herbstlichem Ambiente war wenig zu spüren. Herbstartikel wie Calluna und Co. liefen folglich zäh. In Leistungszahlen ausgedrückt, blieb der September umsatzmäßig um 2,3 Prozent hinter dem Vorjahresmonat zurück. Es fehlten 5,8 Prozent an Kunden, die an der Kasse aber 2,5 Prozent mehr zahlten. Umsatzmäßig zwar noch kein Einbruch, jedoch sind gewisse Bremsspuren seit August unverkennbar.
Fazit September: Umsatzkategorie III, Umsatzanteil um 6 %, Gesamtnote 2,9
Oktober – stabil trotz eingetrübter Stimmung
Der drittwichtigste Umsatzmonat des Jahres verlief überdurchschnittlich warm, aber erneut extrem nass und unfreundlich. Ein neuer Krisenherd in Nahost, ausgelöst durch den Überfall der Hamas am 7. Oktober, drückt weiter auf die allgemeine Stimmungslage. In Summe hielten sich die Geschäfte jedoch ziemlich stabil auf Vorjahresniveau. Der Umsatz pro Kunde stieg lediglich um 0,7 Prozent, bei 2,2 Prozent weniger Kunden zu Oktober 2022. Die Quote der Betriebe mit einem kumulierten Plus zum Vorjahr fiel auf 81,8 Prozent.
Fazit Oktober: Umsatzkategorie II, Umsatzanteil um 10 %, Gesamtnote 2,8
November – deutlich schwächer als 2022
Ein weiterer Monat, der nicht über eine Gesamtnote von 3,0 hinauskam. Vor allem infolge eines fehlenden 1. Adventssonntags schnitt der November deutlich schwächer ab als sein Pendant 2022. Mit einem Umsatzminus von 10,9 Prozent, zurückzuführen auf einen Kundenrückgang um 12,2 Prozent und einem moderaten Kassenbonanstieg um 2,1 Prozent fiel das Manko aber doch recht deutlich aus. Zu unterstreichen dabei ist, dass in allen Betriebe eine geringere Kundenfrequenz zu verzeichnen war.
Fazit November: Umsatzkategorie II, Umsatzanteil um 9 %, Gesamtnote 2,4
Dezember – respektables Adventsgeschäft
Der letzte Monat des Jahres, mild, aber mit extrem viel Regen, sorgte für ein respektables Advents- und Weihnachtsgeschäft. Nach vier Monaten konnte erstmals wieder eine Gesamtnote von über 3,0 verzeichnet werden. 63,6 Prozent der Betriebe übertrafen ihren Vorjahresumsatz. Das durchschnittliche Umsatzplus lag bei 4,7 Prozent, resultierend aus 0,4 Prozent mehr Kunden und einem Anstieg des Kassenbons um 4,1 Prozent. Bei einer Inflationsrate von aktuell 3,7 Prozent verbleibt demzufolge ein reales Umsatzplus von 1,0 Prozent.
Fazit Dezember: Umsatzkategorie III, Umsatzanteil um 7,0 %, Gesamtnote 3,7
Die Nachfrage nach Blumen und Pflanzen bleibt stabil
Gesamtwirtschaftlich betrachtet muss es uns gelingen, die Konjukturschwäche zu überwinden und den Konsum wieder anzukurbeln. Denn Wohlstandsaussichten sind gekoppelt mit Wirtschaftswachstum und genau dieses muss wieder ins Positive umgekehrt werden. Kein einfaches Unterfangen für die deutsche Wirtschaft als drittgrößter Exporteur der Welt, bei insgesamt schwächelnder Weltwirtschaft. Laut Statistischem Bundesamt schrumpfte das BIP 2023 preisbereinigt um 0,3 %.
Wie etliche Wirtschaftswissenschaftler prophezeien, ist die Talsohle damit erreicht. Für 2024 zeigt der Weg wieder nach oben, wenn auch in nur kleinen Schritten und einem Plus um 1,0 Prozent am Ende des Jahres. Auch die kräftigen Lohnsteigerungen, die Anhebung des Mindestlohns sowie ein weiteres Zurückgehen der Inflation stärken die Kaufkraft.
Den Kopf in den Sand zu stecken, ist jedenfalls keine Option. Vielmehr gilt es, den Blick nach vorne zu richten. Trotz schwierigen Rahmenbedingungen, die sich auch im kommenden Jahr nicht verflüchtigen werden, ist anzunehmen, dass die Nachfrage nach Blumen und Pflanzen stabil bleibt, vielleicht sogar das Niveau von 2023 um ein paar Prozentpunkte übertrifft, wenn auch wieder mit wetterbedingten Schwankungen zu rechnen sein dürfte.
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