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Blumen Zeidler in Schkeuditz

Fest in der Region verankert

„Vollblut-Floristin“: Das ist eine Bezeichnung, die ganz wunderbar auf Claire Zeidler zutrifft. Sie stellt sich jeder Herausforderung und hat viele Schwierigkeiten gemeistert. Ihr Laden ist ein Kleinod in der Nähe Leipzigs. Mit ihrer herzlichen Art und dem vielschichtigen Können hat sich Claire Zeidler als Floristin fest etabliert. Mit dem Gewinn des MDR Garten-Floristikwettbewerbs 2023 kam weiterer Schwung in das Geschäft.
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„Entlegen“ ist vielleicht das Wort, das am besten passt, um zu beschreiben, wo sich Claire Zeidler mit ihrem Blumengeschäft niedergelassen hat. Wobei das Wort vor Jahren etwas passender war, als Glesien im Nordwesten von Leipzig noch eine Reise bedeutete. Seit Jahren gehört die kleine Gemeinde zu Schkeuditz, und dieser Name ist Begriff: Das Schkeuditzer Kreuz ist berüchtigt für Autofahrer, seit Jahren wird hier ausund weitergebaut. Das Kreuz hat regionales Gewicht, es ist das älteste in Europa, entstanden 1936. Gleich um die Ecke liegt der Flughafen Leipzig/ Halle und befinden sich das Porsche Experience Center, DHL, Amazon, ein Güterverkehrszentrum. Kurzum: Der Industriestandort lebt von Bewegung und Paketen und macht auf sich aufmerksam, wenn man Claire Zeidler im Außenbereich ihres Ladens beim Kaffee gegenübersitzt. Dann hört man im Minutentakt dröhnende Flugzeuge oder je nach Wind die Geräusche der Autobahn.

Dieser Trubel war für viele Geschäfte eine Rettung. Für Claire Zeidler ist diese rasante Entwicklung weniger ein Thema. Sie hat von dem Wachstum profitiert, aber der für sie wichtige Parameter ist nicht Wachstum, sondern Beständigkeit. Sie setzt in ihrem Blumenladen auf Individualität, Spaß und Freundlichkeit. Und auf Schnittblumen, die sichtbar sind, sobald man den Laden betritt. Über Jahre hat sich Claire Zeidler einen Namen gemacht, Blumen Zeidler hat einen festen Kundenstamm, der sich gern im Laden umschaut. Die Inhaberin ist mit dem Ort fest verwurzelt: „Ich sage immer, im Alter gehe ich von hier weg, aber das wird eher nur ein Umzug auf die andere Straßenseite.“ Sie gehört zur Sorte „Frohnatur“ und „Vollblut-Floristin“, ist durch wenig bis nichts aus der Ruhe zu bringen und versteht ihr Handwerk.

Floristik ist eine familiäre Herzensangelegenheit und die Kundschaft spürt es. Claire Zeidler ist ins Geschäft reingewachsen. Mit 15 Jahren ist sie mit dabei, als ihr Vater den Laden eröffnet, hilft mit, interessiert sich fürs Binden und Gestalten, macht aber erst mal ihr Abi, um sich dann zu fragen: Was nun? „Ich hätte studieren können, habe mich aber entschieden, eine Ausbildung zur Floristin zu machen und einen Ausbildungsplatz in der Nähe gefunden. Mit 20 Jahren war ich als bester Lehrling fertig.“ Sie geht zurück ins elterliche Geschäft, merkt, dass ihr der Job wirklich liegt. Mit einer Begabtenförderung der IHK in der Tasche kommt die Frage auf, ob Claire Zeidler nicht gleich den Meisterbrief dranhängt. „Ich dachte, ich bin viel zu jung dafür. Für einen Meister brauchst du Lebenserfahrung, Berufspraxis. Das macht man mit 40 Jahren. Doch dann führte mich der Weg zum Dresdner Institut für Floristik und mit 24 Jahren war ich die beste Meisterin und startklar für den Beruf.“

In den Fußstapfen des Vaters

Viel hat Claire Zeidler ihrem Vater Arndt zu verdanken, der mit 52 Jahren überraschend stirbt und in dessen Fußstapfen sie tritt. „Mein Vater war Maschinenschlosser, hat nach der Wende für den Blumengroßhandel ausgeliefert und sich eher als Autodidakt mit der Floristik beschäftigt“, erzählt sie. „Und plötzlich hatten wir Mitte der 1990er Jahre einen kleinen Blumenladen, den erst meine Großmutter geführt hat. Als es immer mehr Aufträge gibt, haben mein Vater und meine Mutter übernommen.“

Die Zeit ist Expansion pur. Ein Laden in Radefeld und ein zweites direkt im Flughafen kommen dazu. Viele Ideen von ihrem Vater bewahrt seine 45-jährige Tochter Claire bis heute. Es gibt mit dem frühen Tod des Vaters verständlicherweise einen Umbruch. Die Filialen werden wieder geschlossen, aber inhaltlich setzt die Tochter fort, was der Vater entwickelt hat. Sie baut die Kontakte zu Firmen aus, die regelmäßig beliefert werden, kümmert sich um ihr Team, das perfekt harmoniert und seit Jahren für Beständigkeit sorgt. „Mitarbeiterpflege ist kein Wort der Neuzeit. Wir leben diesen Begriff seit Jahrzehnten und kennen einander gut.“

Frische und Flexibilität

Der knapp 80 m² große Blumenladen lebt bis heute von einer gesunden Mischung aus Aufträgen. 50 % des Umsatzes kommt von Laufkundschaft, der Rest verteilt sich auf Firmenkunden, Hochzeiten und Trauerfloristik. Ihre Laufkundschaft nennt Claire Zeidler eher „Fahrkundschaft“, denn von Dorf zu Dorf geht es eben nicht zu Fuß, sondern per Auto. Spontankunden kommen weiterhin regelmäßig und machen einen großen Anteil der Kunden aus. Die Philosophie von Claire Zeidler besteht aus zwei Worten: Frische und Flexibilität. Jeden Abend wird der Laden neu aufgefüllt. „Wir sind quasi für unsere Kunden ein steter Punkt. Wir sind flexibel, weil vor Ort. Wenn spät jemand anruft, weil er noch einen Strauß braucht oder eine Lieferung, dann ist mein Anspruch, dass es klappt. Das basiert auf Nähe und die Jahre des Kennens. Wir funktionieren als fest gewachsenes Team.“ Gleichzeitig hat sich Claire Zeidler medial schon vor Jahren zeitgemäß aufgestellt. Bei Google findet man sie schnell, die Webseite ist informativ und sie bespielt Facebook, Instagram und YouTube.

Der Platz beschränkt das Sortiment

Die meisten Waren kommen aus dem Blumengroßmarkt um die Ecke, Pflanzen für Frühling und Sommer stammen oft von Gärtnern vor Ort, Eriken für den Winter kommen aus der sächsischen Region. „Ich kaufe kommissionierte Ware, aber viel lieber direkt“, sagt Claire Zeidler. „Ich würde gern Schnittblumen regional kaufen, aber das ist derzeit nicht möglich“. Was sie online bestellt, steht nachts in ihrem Laden. Lange Transportwege vermeidet sie und schaut zweimal hin, woher Schnittblumen kommen, bevor sie ordert. „Wer weniger Platz hat, muss anders denken“, sagt Claire Zeidler mit einem Lächeln.

Für eine Vielfalt an Accessoires, Töpfen oder andere Kleinigkeiten fehlt der Raum. In direkter Nähe hat 2023 Pflanzen Richter sein neues Pflanzencenter eröffnet, es ist eines der größten in Deutschland mit einer Fläche von etwa 4 Hektar. Preislich und von der Auswahl und Menge kann Claire Zeidler nicht mithalten. Als Konkurrenten sieht sie keinen der Mitstreiter in der Region. „Es hat sich viel seit der Wende gewandelt. Das 15 km entfernte Delitzsch hatte mal 30 Blumenläden. Jetzt gibt es noch den Bedarf, den man wahrscheinlich wirklich braucht. Mit einem Kollegen spreche ich sogar Urlaube ab.

Wir geben auch Hochzeitsaufträge weiter, wenn man mal nicht da ist.“ Dass Leipzig eine boomende Metropole geworden ist, macht sich in Glesien nicht vordergründig bemerkbar. Was Claire Zeidler aber merkt, ist, dass das Umland wächst. Darin sieht sie eine Chance für die kommenden Jahre, denn vor allem junge Familien meiden die teuren Innenstädte, sodass sich zwischen Leipzig und Halle an der Saale allerhand bewegt. Einzig das Thema „Planung“ ist etwas, worauf sie sich nur schwer einlässt. „Ich habe nach dem Tod meines Vaters gelernt, dass ich mein Feld überblicken muss. Er hatte Pläne, die er nicht umsetzen konnte und die dann plötzlich für mein junges Leben eine Rolle spielten. Deshalb ist mir Beständigkeit am Ende wichtiger als große Sprünge.“

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