
#Brautsträuße
Beeinflusst von Social Media, verlangen Bräute nach Eukalyptus, Trockenblumen und Disteln, die zu Blumenbündeln arrangiert sind. Ganz schön eintönig und oftmals nicht einmal bräutlich. Wer solche Wünsche unwidersprochen erfüllt, vermeidet zeitintensive Diskussionen. Aber ist es nicht auch die Aufgabe von Fachleuten, auf handwerklich und gestalterisch hochwertige und vor allem blumige Alternativen aufmerksam zu machen? Ja, das ist es, und zwar nicht nur im Geschäft, sondern verstärkt über Social Media.
von Gabriele Haufe, Bachhagel erschienen am 22.03.2024Laut einer Studie lassen sich 80% der Paare von sozialen Medien inspirieren. Wer auf Instagram oder Pinterest nach „Brautstrauß“ sucht, sieht immer die gleichen Bilder, die anschließend im Fachgeschäft als Anschauungsmaterial präsentiert werden. Beim Zusammentreffen mit Kollegen hört man deutlich, wie sich der Florist in uns dagegen zu sträuben versucht. „Hochzeiten nehme ich nicht mehr selbst an, das überlasse ich meinen Damen, das geht mir gegen die Berufsehre, ich mag mich nicht so verbiegen“, erklärte mir kürzlich ein Freund und Kollege. Ein anderer lehnt zu schräge Wünsche der Kundinnen sogar ab, um nicht mit dieser Art Floristik identifiziert zu werden. Aber was verleitet junge Paare dazu, sich von Online-Vorbildern so sehr beeinflussen zu lassen? Niemand kommt an ihnen vorbei, den vermeintlich glücklichen Paaren und ihren traumhaften Hochzeiten.
Social Media hat die Art und Weise, wie Hochzeiten geplant und gefeiert werden, verändert. Besonders wichtig ist der Fotograf, der das Event erst medientauglich macht. „Keine Fotos ist, als hätte das Event nicht stattgefunden“, weiß Libby Banks von Vogue. Wedding Influencer geben den Trend vor wie früher Hochzeitsmagazine und der Fachhandel.
Wenn es um die Vorbereitung der Hochzeit geht, sind die Menschen quasi schon mit ,Digitalen Medien’ verheiratet… InfluenceME
- 83?% planen ihre Hochzeit online,
- 62?% erstellen ihre eigene Hochzeitsseite,
- 52?% der Brautpaare nutzen eine Hochzeitsplanungs-App,
- 54?% integrieren und benutzen ein Hochzeits-Hashtag.
Die digitale Welt ist schnelllebig
In einem Beruf sollte man sich doch nicht nur an Social-Media-Trends orientieren, oder? Die digitale Welt ist gekennzeichnet durch extreme Schnelllebigkeit. Was heute aktuell ist, ist morgen schon veraltet. Es besteht also Hoffnung, dass sich das Blatt wendet. Der Hype um Trockenblumen und Gräser kommt dem Wunsch nach, das Werk als Erinnerungsstück zu erhalten, und wird dadurch als nachhaltiger Trend vermarktet.
Firmen wie Flairelle und einige Anbieter bei Etsy haben sich darauf spezialisiert, Brautsträuße zu konservieren oder nachzuarbeiten. Es gibt so viele Möglichkeiten, diesem Wunsch nachzukommen, sei es die Bildcollage aus gepressten Brautstraußblüten, der Objektbilderrahmen mit getrockneten Blüten, der überarbeitete Trockenstrauß, zu dem es eine passende Vase gibt, das Pressblütenbuch mit Blumensymbolik. Allein wie Blüten getrocknet werden, lässt viele Möglichkeiten zu, sodass der Strauß am Hochzeitstag nicht schon nach Silberhochzeit aussehen muss.
Schließlich gehört viel Wissen, handwerkliches und gestalterisches Können dazu, einen Brautstrauß nach fachlichen Kriterien zu gestalten. Viele Bräute wissen nicht um die unverwechselbare und immer persönliche Note eines individuellen Brautstraußes, sie möchten, was sie sehen. Zumindest sind es mittlerweile wieder mehr Frischblumen.
Alternativen zum Mainstream-Brautstrauß
Es geht also ums Sehen, es geht um Reichweite, die durch Zusammenarbeit und aktive Medienplanung auf Social Media schneller erreicht wird. Kurzvideos, klare Botschaften, Kooperationen, Mehrwert und Kontinuität sind Schüsselwörter der Szene. Das sollte die Fachwelt dazu anspornen, Alternativen zum Mainstream-Brautstrauß auf den sozialen Netzwerken und über Hashtags zu verbreiten. Ob #thetruebride, #vonbrautzubraut oder #hochzeitswahn, denen gefallen frische Blumen sicher auch besser.
Brautsträuße sollen zum Kleid der Braut passen, ihrem Typ schmeicheln und bequem zu tragen sein. Die Brautsträuße dagegen, die auf Social Media propagiert werden, sind oft viel zu groß und schwer. Und wenig individuell. Wir zeigen hier Alternativen von Absolvent(inn)en der Meisterschule Stuttgart, die beweisen, dass Trends trotzdem aufgegriffen werden können.
Der geschulte Blick im Umgang mit Bewegungen ist erlernbar. Stephanie Jung liebt es, genau hinzusehen und mit der Natur zu gestalten. Der Trend zu Outdoorhochzeiten spiegelt gleichsam den Wunsch nach Natur wider und ist beinahe eine Einladung für einen natürlichen Brautstrauß.
Der Wunsch nach ein wenig Exotik wird im Trend „Tropical Wedding“ deutlich. Kerstin Eizenhöfer verzichtete bewusst auf allzu große Blüten. Die natürliche Bewegung der Tillandsia xerographica formt sich hübsch um die Hand. Kleine Blüten ergänzen und fokussieren den Blick.
Blüten eines Gartenspaziergangs passen großartig zur Gartenhochzeit und stützen den Trend der Nachhaltigkeit. Melanie Keller mag es ungezwungen, sie bevorzugt gesellige Blütenformen und kräftige Farbklänge – das sind perfekte Voraussetzungen für einen Klassiker mit Naturstiel.
Tina Spiegel drahtete ihre Blüten, damit der Griff schlank bleibt. „Natürlicher Stiel mit Drahtgriff“ nennt sich diese Technik, die viel Spielraum lässt. Unter anderem lassen sich fließende Sträuße mit hohem Tragekomfort herstellen.
Der Trend, Gräser im Brautstrauß zu verarbeiten, ist ungebrochen. Das Pampasgras tauscht Lisa Mayer gegen das feine, bräutlichere Stipa. Eine gedrechselte Stuhlsprosse, Bänder und Schmucklitze greifen den Trend „1920er Jahre“ auf. Die so entstandene ruhige Grundform lässt eine detailverliebte Blütenvielfalt zu.
Protea und Trockenblumen im Brautstrauß machen auch an der Schultüre keinen Halt. Abgeleitet von diesem Trend gestaltete Oleksandra Legostaieva eine Grundform aus Protea-Blütenblättern mit einer Füllung aus trockenen und frischen Blüten.
Der Brautkranz ist eine traditionelle Form, die den Zeitgeist genau trifft. Juliane Hellenkemper legte angedrahtete Einzelblüten um den Ring – dabei die Form zu wahren, ist nicht ganz einfach.
Brautschmuck von Martina Allgöwer mit Myrte. Myrte schmückte bereits die Paare der Antike, gilt als Liebessymbol und eignet sich famos zum Binden. Auch Prinzessin Kate hatte, wie viele Adelige, Myrte im Brautstrauß.
Dem Wunsch nach Federn im Brautstrauß wird Hendrik Rethmeyer mit einer schuppenförmigen Anordnung gerecht.
Eva Kaufmann lenkte den Blick mit einer Grundform aus unzähligen Ahornsamen auf das Handwerk. Die Blütenfüllung passt zum Farbspiel der Samen.
Chantal Wiedmer ließ sich vom Trend zu Makrameeknüpfungen inspirieren. Sie sieht darin gleichsam die Verknüpfungen zwischen zwei Menschen.
Svetlana Silbernagel wollte zwei Teile zusammenfügen, die zueinander passen. Dieser Gedanke passt zum Strauß und zur Ehe.
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